Dieser Blog Post ist zusammen mit Claus Kolb entstanden, der als Agiler Coach, Scrum Master und IT Projektleiter bei https://www.claus-kolb.com arbeitet.
Dieser Artikel ist Teil der Serie die Aufgaben eines Scrum Masters Mit diesen Artikeln wollen wir einen Überblick über die Handlungsfelder eines Scrum Masters und einen Anstoß für die Ausgestaltung der Rolle des Scrum Masters geben.
Der Scrum Master hütet das Scrum Rahmenwerk
Scrum ist ein optimiertes, minimales Rahmenwerk
Scrum liefert einen empirischen Rahmen, der eine regelmäßige und fokussierte Entwicklung von Ergebnissen ermöglicht. Die gelieferten Ergebnisse und die Transparenz auf dem Weg dahin dienen als Grundlage, um über das Endprodukt und den Prozess Schritt für Schritt mehr zu lernen.
Alle Scrum Elemente spielen zusammen, um diese Plattform zur Zusammenarbeit und zum lernen zu schaffen. Dabei entstehen in diesem Zusammenspiel Synergien, die über die Nutzung der einzelnen Elemente des Scrum Rahmenwerks hinausgehen. Beispielsweise hilft ein “Daily Stand-up” auch ohne Scrum in Gruppen, um gemeinsam ihre Arbeit besser zu synchronisieren und abzustimmen.
Im Kontext der fokussierten Arbeit eines selbstorganisierten Teams, das im geschützten Sprint Verantwortung für das angestrebte Sprint-Ziel übernimmt, bekommt das Daily Stand-up einen ganz neuen Stellenwert.
- Das Sprint Backlog liefert einen klaren Rahmen, innerhalb dieses Rahmens müssen wir die gemeinsame Arbeit für unser Sprint- Ziel ausgestalten.
- Das Entwicklungsteam nimmt die Notwendigkeit des gemeinsamen Austausches anders wahr.
- Die Zielrichtung, ein potentiell auslieferbares Produkt zu liefern, forciert eine ganz andere Konkretheit, Ergebnisse abzuschließen und die letzten schwierigen 10% anzugehen.
Scrum ist bewusst minimal. Jedes Scrum Element ist mit einem klaren Fokus und Zweck Teil dieses Zusammenspiels.
Herausforderungen des Scrum Rahmenwerks in der gelebten Praxis
Nur wenn Scrum signifikant anders ist als unsere bisherige Arbeitsweise, hat es auch die Chance, signifikant bessere Ergebnisse zu erreichen. Dies bringt aber die Herausforderung mit sich, dieses neue Vorgehen in seiner Konsequenz für unsere Zwecke zu nutzen.
In der Praxis entstehen bei der Umsetzung oftmals unbewusste Abweichungen, die die Intentionen hinter einzelnen Elementen untergraben. Damit kann Scrum in seiner Gesamtheit nicht seine volle Wirkung erzielen.
Im “Daily Scrum” zeigen sich beispielsweise die folgenden Dysfunktionen:
- Anstatt das “Daily Scrum” für das Team zur Abstimmung zu nutzen, besteht kein Verantwortungsgefühl für den Sprint und es wird an den Scrum Master oder Product Owner als vermeintlichen “Vorarbeiter” berichtet.
- Anstatt im Team zusammenzuarbeiten und Themen gemeinsam anzugehen, arbeitet jeder nebeneinander her. Jeder arbeitet quasi in seinem eigenen Sprint und der Wert eines “Daily Scrums” zur Abstimmung wird als unnötig angesehen.
- Anstatt gemeinsam und mutig die Herausforderungen der letzten 10% für die Lieferung von Funktionalität anzugehen, werden Probleme ignoriert und einzelne Tasks ohne Zug zum Ziel abgearbeitet.
Es passiert in Scrum nur zu leicht, dass wir gerade die Aspekte von Scrum ignorieren und weglassen, welche uns im Hinblick auf unsere eigentlichen Ziele wirklich voranbringen würden. Im schlimmsten Fall bringt Scrum uns gar nichts oder richtet mehr Schaden als Nutzen an, weil es falsch angewendet wurde.
Der Scrum Master als Hüter eines funktionierenden Scrum Rahmens
“Der Scrum Master ist dafür verantwortlich, Scrum entsprechend des Scrum Guides zu fördern und zu unterstützen. Scrum Master tun dies, indem sie allen Beteiligten helfen, die Scrum- Theorie, Praktiken, Regeln und Werte zu verstehen.” Scrum Guide
Genau aus dem geschilderten Kontext heraus ist ein guter Scrum Master essentiell für die effektive Nutzung von Scrum. Während das Entwicklungsteam sich oft stark auf die Lieferung von Ergebnissen im Sprint konzentriert und der Product Owner im Spannungsfeld zwischen Entwicklungsteam und Stakeholdern daran arbeitet, ein möglichst wertvolles Produkt zu liefern, liegt der Schwerpunkt eines Scrum Masters auf einer konsequenten Nutzung von Scrum im Hinblick auf die von uns gesetzten Ziele.
Welcher Scrum Master Typ bist du?
Damit Scrum zwischen den Fliehkräften der operativen Hektik und den Marotten aus der alten Arbeitsweise nicht aufgerieben und ad absurdum geführt wird, schaut der Scrum Master als Hüter des Scrum Rahmens auf die konsistente Nutzung im Hinblick auf unsere Ziele. Ein guter Scrum Master:
- …stellt sicher, dass der Rahmen zum systematischen Lernen aus Erfahrungen (Empirische Steuerung) funktioniert und für das Lernen & Entwickeln der Umgebung genutzt wird.
- …motiviert die Intention hinter den einzelnen Events und schafft in der Facilitation einen Rahmen, die Zusammenarbeit im Sinne der Intention gut auszufüllen.
- …macht Abweichungen und Dysfunktionen in der Nutzung von Scrum transparent und hilft dabei, in Hinblick auf den aktuellen Status Quo und den gesetzten Zielen eine konsequente Nutzung zu motivieren.
- …führt Scrum nicht zwingend ein oder besteht auf eine vollumfängliche Nutzung. Er hilft dabei, bewusste Entscheidungen zu treffen. Eine bewusste Entscheidung kann auch eine Abweichung vom Scrum Rahmen sein oder sogar Scrum nicht oder nicht weiter zu nutzen.
Die “Scrum Checkliste” zur Bestandsaufnahme
Als Scrum Master sorgen wir dafür, dass wir uns Fragen stellen, wie:
- Was haben wir in unserer Scrum Umgebung?
- Welche Scrum Elemente funktionieren im Sinne ihrer Intention schon ganz gut?
- Welche Scrum Elemente funktionieren noch nicht optimal?
- Ist es ein Problem, dass diese nicht optimal funktionieren?
- Wo sollten wir etwas tun und Maßnahmen ergreifen, um diese zu verbessern?
Die nachfolgende “Scrum Checkliste” hilft uns dabei, fokussiert und schnell eine solche Bestandsaufnahme anzustoßen:
Mit dem “Scrum Team” den IST- Stand von Scrum evaluieren
Verteilt im Raum oder aufgearbeitet als Online Umfrage, kann mit dieser Checkliste innerhalb einer kurzen Zeit (mindestens 10 Minuten) der Eindruck aller Scrum Teammitglieder eingeholt werden. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für das weitere Gespräch im Team.
Die frischen Eindrücke der “Scrum Checkliste” als Anstoß zum Austausch nutzen
Mit dem neuen Eindruck aller Bewertungen über alle Teilbereiche hinweg, können wir Muster aufdecken, die wir in der Nutzung mit Scrum sehen. Dazu können wir durch die einfache allgemeine Frage “Was meint ihr?” eine wertvolle Diskussion anstoßen, in der sich normalerweise sehr konkrete Sichten auf den Stand der Nutzung von Scrum herauskristallisieren:
- Nicht Einheitlich: Was steckt hinter diesen unterschiedlichen Sichtweisen? Wie schaffen wir ein gemeinsames Verständnis?
- Alles ist GRÜN: Hier sehen wir derzeit keine Probleme. (Haben wir wirklich keine oder sehen wir sie nicht?)
- Einiges ist ROT: Wie gehen wir mit diesen “roten” Schwerpunkten um?
- Vieles ist ROT: Was ändern wir umfassend oder grundsätzlich? Worauf konzentrieren wir uns?
Als Ergebnis dieser Diskussionen finden sich Handlungsfelder, auf die das Team seine Betrachtungen fokussiert und für die es konkrete Maßnahmen definiert, um sich zu verbessern.
Es entsteht mehr als nur ein “Set” an Maßnahmen
Aus der Bestandsaufnahme und der Diskussion entsteht aber mehr als nur ein “Set” an Maßnahmen und Handlungsfeldern. Es entsteht ein gemeinsames Verständnis, was über die konkreten Felder, in denen man sich Optimierungen vornimmt hinausgeht.
Es entsteht eine Klarheit zu Fragestellungen:
- Wo schauen wir unterschiedlich drauf und sollten an unserem gemeinsamen Verständnis arbeiten?
- Wo haben wir mehrheitlich eine gemeinsame Sicht? Sind manche Stimmen vielleicht einfach nur laut oder sprechen diese Stimmen für die stille Mehrheit?
- Vom gemeinsamen Verständnis her: Wo läuft es gut? Wo schlecht?
- Wo sollten wir uns darauf konzentrieren, um eine Chance zu haben etwas zu bewegen?
Diese Diskussion sensibilisiert. Sie prägt kommenden Austausch im Scrum Team und die Herangehensweisen in der weiteren gemeinsamen Nutzung von Scrum.
Ein Hilfsmittel zur individuellen Reflexion als Scrum Master
Auch als Scrum Master kann man den Überblick verlieren und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Die Reflexion der Scrum Checkliste für sich alleine kann hier Orientierung geben und Anregung für die konsequente Ausgestaltung des Scrum Rahmenwerks liefern.
Scrum zu verstehen ist nicht schwer, es in der Praxis zu meistern dagegen sehr. Menschen lieben es Herausforderungen auszuweichen, statt sich diesen zu stellen. Entsprechend kommt euch als Scrum Master eine wichtige Rolle zu, eine konsequente Scrum Umgebung aufzubauen und zu leben. Meine Scrum Checkliste liefert eine gute Basis, um den aktuellen Status alleine oder gemeinsam mit dem Team zu erfassen und zu diskutieren.
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