Was heißt das für seine Unterstützung in Meetings und in der Zusammenarbeit über Meetings hinaus? Wie ermöglicht der Scrum Master effektivere Zusammenarbeit durch Vereinfachung der Umstände? Wo ist die Gemeinsamkeit in beiden Rollen und wo sollten die Rollen strikt getrennt bleiben?
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Ein guter Scrum Master hilft seiner Umgebung dabei Scrum zu nutzen, um seine Herausforderungen zu meistern. In diesem Artikel gehen wir auf den Scrum Master als Facilitator ein. Vertiefende Artikel zu den weiteren Aufgabenfeldern eines Scrum Masters findest zu hier.
Der ursprüngliche Artikel ist 2020 im Pair-Writing mit der wunderbaren Nadja Petranovskaja entstanden und wurde bezugnehmend auf die Podcast-Folge ergänzt.
Liebe Nadja, vielen Dank für den tollen Austausch!
Die Herausforderungen produktiver Zusammenarbeit
Was passiert, wenn eine Besprechung oder eine Zusammenarbeit nicht effektiv gelaufen ist?
- Wir verlieren uns im erstbesten Thema
- Wir behandeln die Themen zu oberflächlich und verpassen den Kern
- Wir lassen den/die reden, die was zu sagen haben und nicken
- Wir ignorieren aufkeimende Konflikte
- Wir lassen die Diversität der Meinungen nicht zu
- Wir arbeiten ausschließlich mit dem Verstand
- Wir arbeiten hart, bloß kein Spaß und schon gar nicht Freude an der Arbeit!
- Wir lassen den inhaltlichen Druck und die Sachzwänge den gesamten Raum einnehmen und tauschen uns nicht aus, usw.
Viele Dysfunktionen entstehen, da sich alle nur inhaltlich einbringen und keiner auf die Herangehensweise und Struktur der Zusammenarbeit schaut. Dies ist natürlich begründet. Jeder ist fokussiert auf seine inhaltlichen Steckenpferde und Verantwortlichkeiten. Dabei ist es jedoch unglaublich schwer auch noch die Meta-Ebene im Blick zu behalten. Zusätzlich ist der Anspruch an das Entwicklungsteam sich selbst zu organisieren und sich aktiver in die Gestaltung der eigenen Arbeit einzubringen aufgrund anderer Arbeitsweisen hochgradig ungewohnt.
Dies führt in vielen Meetings und Workshops zu:
- vertagten Themen
- wenigen brauchbaren Ergebnissen
- steigender Frustration
Dadurch ist das Image der Workshops und Meetings recht schlecht, und ein berühmtes Zitat der Zeitschrift “brand eins” lautet: “Raus aus dem Workshop, ran an die Arbeit!” – als ob der Workshop keine Arbeit ist?! Auch in sehr kurzer Zeit sind durch wirkungsvolle Moderations- Skills gute Ideen und Entscheidungen möglich.
Das schlechte Image der Meetings und die vielen ergebnislosen Workshops führen zu:
- verärgerten Managern
- unzufriedenen Kunden
- Umsatzeinbußen
- Verlust der Attraktivität des Unternehmens auf dem Markt
Somit bekommt Facilitation eine wichtige Rolle im Alltag jeden Unternehmens (und ist nicht nur für Scrum Master, sondern für jeden, der mit Menschen und Gruppen arbeitet, eine Kernkompetenz).
Was ist ein Facilitator?
Ein Facilitator – das sagt der Name schon – sorgt dafür, dass der Prozess (Informationsverarbeitung, Problembearbeitung, Entscheidungsfindung, …) mit ihm leichter abläuft als ohne ihn. Wichtig dabei ist, dass der Facilitator sich als Begleiter von offenen Prozessen versteht, er steuert die Gruppe nicht auf ein vorher festgelegtes Ergebnis hin! Somit ist es wichtig, dass ein guter Scrum Master auch aus der Rolle eines Facilitators agiert.
Dafür bedient sich ein Facilitator aus einem Dreiklang der Kompetenzen:
- Prozessdesign Kompetenz: Den offenen Prozess in der Komplexität der Rahmenbedingungen individuell für jede Gruppe gestalten können und dabei das Ziel (welches vorher in der Auftragsklärung definiert wurde) im Auge zu behalten. Prozessdesign Kompetenz lässt sich über das Verstehen und Modelllernen gut aneignen und ist vor allem bei der Vorbereitung der Moderation nützlich.
- Methodenkompetenz: Kenntnisse über didaktische Möglichkeiten beim Steuern von Prozessen, plus ein Repertoire von Methoden, Übungen und Modellen, mit denen sich das didaktische Gerüst füllen lässt. Scheint auf den ersten Blick leicht beherrschbar, bringt bei unbedachter Nutzung RIsiken mit sich.
- Soziale Kompetenz: die Fähigkeit, im menschlichen Miteinander sowohl auf privater als auch auf beruflicher und gesamtgesellschaftlicher Ebene umsichtig handeln zu können und individuell in jeder Situation adäquate Schritte zu gehen, um der Gruppe die Zusammenarbeit zu ermöglichen. Lässt sich nicht einfach mit einem Buch oder einem Kurs erlernen und ist aber gleichzeitig die wichtigste Kompetenz in dem offenen Prozess in einer Gruppe.
Es reicht also nicht aus als Facilitator sich mit Methoden und Techniken auszukennen. Es braucht die Fähigkeit im Zusammenspiel mit den beteiligten Personen strukturiert etwas gemeinsam zu entwickeln.
Die Haltung des Facilitators
Moderation oder Facilitation ist als Methode in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden und damals diente sie vor allem der Bemühung, alle im Raum mit gleichen Rechten zu versehen, was das Sprechen angeht.
Schauen wir auf die heutigen Meetings, Besprechungen und Workshops, so hat sich kaum etwas verändert. Die “stillen” Beteiligten sagen eher weniger, die “lauten” dominieren das Gespräch. Wie kannst du das in deiner Facilitatoren-Rolle ändern?
Lass uns vor allem über die Haltung des Moderators sprechen. A fool with a tool is still a fool. Es nützen uns also weder neue Methoden noch das virtuelle Konfetti. In der Rolle des Facilitators geht es darum, der Gruppe durch ein Gespräch eine Lösungssuche oder eine Entscheidung möglich zu machen.
Und das machen wir vor allem über unsere Haltung.
Als Facilitator solltest du möglichst zweite Geige spielen. Es kommt nicht darauf an, was du sagst oder wahrnimmst. Es kommt darauf an, dass die Teilnehmer etwas wahrnehmen und es dann auch sagen.
Sorge dafür, dass sie selbst merken, dass jemand viel redet oder gar nichts sagt. Ermögliche eine Atmosphäre und ein ausreichendes Maß an psychologischer Sicherheit, damit der “leise” Mensch sich traut, etwas beizutragen und der “laute” ihm dabei gern zuhört.
Das ist deine Rolle. Das ist die Magie deiner Moderation. Kaum etwas sichtbar tun oder sagen und dennoch eine Atmosphäre schaffen, in der so gut wie alles möglich und offen erscheint.
Ownership und Mandat als Facilitator
Als Facilitator wollen wir die beteiligten Personen in der Verantwortung für den Inhalt halten und ihre Zusammenarbeit effektiv durch Prozesse und Strukturen unterstützen. Damit dieses Zusammenspiel effektiv funktioniert, brauchst du ein Mandat. Dieses Mandat kann auch einen lockeren informellen Charakter haben. Wichtig ist nur, dass den beteiligten Personen bewusst ist, wie du ihnen nach ihren Wünschen hilfst effektiver zusammenzuarbeiten ohne jedoch Verantwortung für den eigentlichen Inhalt zu übernehmen.
In der Podcast-Folge Auftragsklärung als Agile Coach habe ich einmal umfassender aufgearbeitet, was sich für mich bewährt hat, um mir in diesem Sinne Klarheit in der Zusammenarbeit zu verschaffen.
In vielen Fällen macht es aber auch Sinn, den Wunsch nach Unterstützung im Kleinen herauszuarbeiten. Aus einer kurzen Feedbackabfrage zum Abschluss eines Regeltermins kann man beispielsweise leicht ableiten, worauf wir zusammen im kommenden Termin achten sollten und wo man sich von uns Unterstützung wünscht, damit wir diese Zeit effektiv nutzen.
Der Scrum Master als Facilitator
Die erfolgreiche Entwicklung der richtigen Ergebnisse entsteht aus einer Kette effektiver Kommunikation. Scrum gibt hierbei einen Rahmen für die Entwicklungs anspruchsvoller Vorhaben in einem Cross-funktionalen Team.
Die Aufgabe des Scrum Masters ist dabei zu helfen, dass alle Beteiligten effektiver und nachhaltiger zusammenarbeiten. Als Facilitator innerhalb von Meetings und Außerhalb hilft ein guter Scrum Master dabei den Raum und Rahmen für diese effektive Zusammenarbeit zu schaffen.
Somit gibt ein Scrum Master den anderen Beteiligten die Möglichkeit sich voll auf ihre inhaltliche Arbeit als Product Owner, Entwicklungsteam-Mitglied oder Stakeholder zu konzentrieren. Damit können sich alle anderen auf ihre inhaltlichen Themen und die Vertretung ihrer Interessen konzentrieren.
Welcher Scrum Master Typ bist du?
Wann sollte ein Scrum Master nicht als Facilitator im Scrum Team agieren?
Ein Scrum Master ist ein Servant Leader und als Facilitator ermöglicht er eine gute Zusammenarbeit durch direkte “Facilitation -Prozesse und -Werkzeuge”.
Dabei agiert der Facilitator auf Basis seines Mandats und agiert im Dienst für die Gruppe. Wenn die Gruppe allerdings keinen Bedarf zur Unterstützung sieht oder in bestimmten Situationen einfach keine Unterstützung erwünscht ist, dann sollte der Scrum Master nicht als Facilitator agieren und sich dann zurücknehmen.
Der Scrum Master als Meeting Facilitator
Für wiederkehrende Zusammenkünfte (Scrum Events & Backlog Refinement) mit einem klaren Zweck bereitest du dich meistens vor – du planst deine Methoden und deinen Prozess (siehe die 3 Kernkompetenzen weiter oben)
Bitte vergiss nicht, dass es dabei niemals um dich geht (überprüfe deine Haltung) und das dein Mandat den anderen im Team helfen soll. Dränge dich und deine Moderationsmethoden niemals auf, biete sie als Unterstützung des Arbeitsprozesses an und achte darauf, dass sie nicht zu viel Zeit einnehmen.
Deine typischen Impulse können dabei sein: Check-In (dafür sorgen, dass alle da und arbeitsfähig sind), Struktur (für Diskussion und Problemlösung) und zum Abschluss ein Check-out oder ein Feedback.
Unterstütze dein Team, in dem du in emotionalen, unstrukturierten und komplexen Gesprächen als “Facilitator” zur Seite stehst (mit Reflexion, guten Fragen und Geduld)
Im agilen Arbeiten wird auch außerhalb von Meetings eng zusammengearbeitet
Scrum zeichnet sich auch außerhalb seiner Events in den verschiedenen Sprint Ereignissen durch eine enge Zusammenarbeit aus.
Im Idealfall arbeitet nicht jeder Entwickler im Sprint für sich, sondern wir schaffen Synergien aus der engen Zusammenarbeit im Sprint.
Genauso bindet der Product Owner in der Ausgestaltung des Backlogs so früh wie möglich Stakeholder und das Entwicklungsteam mit ein, um gemeinsam etwas Größeres zu schaffen.
Überall wo Personen eng miteinander zusammenarbeiten kann ein Facilitator dabei unterstützen dies effektiver zu gestalten. Ein guter Scrum Master unterstützt als Facilitator nicht nur in den Scrum Events und in Meetings, er unterstützt auch die effektive Interaktion im Sprint und im Umfeld des Scrum Teams.
Dabei agiert er oft initial als Beobachter, um Gelegenheiten zu identifizieren, in denen es ein Potential für eine bessere Zusammenarbeit gibt. Diese nutzt er, um den beteiligten Personen im Stil eines Servant Leader Angebote zu machen und so in Austausch und Entscheidungsfindung zu unterstützen.
Zum Nachdenken!
People over tools
Was immer du planst und vorhast als Moderator – aufregende Retro-Fragen, innovative Lego-Spiele, tiefgehende Fishbowl-Runden… Stelle niemals Methoden, Tools und Übungen über die wahren Bedürfnisse deiner Teilnehmer!
“I’ve learned that people will forget what you said, people will forget what you did, but people will never forget how you made them feel.” ― Maya Angelou
Sorge dafür, dass die Teilnehmer sich gerne daran erinnern, wie sie sich mit dir als “Facilitator” gefühlt haben!
Pull over push
Es geht in deiner Rolle als Facilitator nicht darum, alles zu wissen und für alles eine Antwort zu haben. Überlasse der Gruppe die Möglichkeit, aktiv an der Mitgestaltung des Events teilzunehmen. Eine klassische Methode dazu ist Lean Coffee, bei dem du zuerst die Themen der Teilnehmer sammelst und diese anschließend der Priorisierung nach in einer verabredeten Timebox von z.B. 5 MInuten “bearbeitest”. Eine andere Möglichkeit ist, die Teilnehmer zu fragen, wie lange die Pause sein soll oder wie wir alle zusammen dafür sorgen, dass unser Event unvergesslich bleibt und allen Spaß bringt.
Flow over plan
Natürlich bereitest du als “Facilitator” den möglichen und wahrscheinlichen Ablauf des Meetings oder des Workshops vor.
“Life is what happens while we are making other plans.” ― John Lennon
Das Leben ist nämlich viel komplexer, als eine Agenda je abbilden wird. Darum schadet es nicht, sich zu erlauben, von einem geplanten Ablauf abzuweichen, falls deinen Teilnehmern etwas ganz anderes gerade viel wichtiger ist. In der klassischen Moderationsmethode wird meistens empfohlen, die Themen, die gerade nicht zum geplanten Ablauf passen, auf einen Parkplatz zu tun und dort solange zu behalten, bis man die nächste Sitzung mit den Teilnehmern plant. Entscheide zusammen mit deinen Teilnehmern, was mit scheinbar unpassenden Themen passieren soll – ob und wieviel Zeit ihr diesen zu teilt. Damit zeigst du deine Flexibilität und deine Haltung als “Servant Leader” und nicht als Bestimmer.
Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Aufgabe des Scrum Masters ist dabei zu helfen, dass alle Beteiligten effektiver und nachhaltiger zusammenarbeiten. Als “Facilitator” innerhalb von Meetings und Außerhalb hilft ein guter Scrum Master dabei den Raum und Rahmen für diese effektive Zusammenarbeit zu schaffen. Er räumt die Hindernisse aus dem Weg, damit alle Beteiligten sich auf Ihre Arbeit konzentrieren können, um schnell und fokussiert zum Ziel zukommen. Je weniger Frustration, Stagnation und Unklarheit herrscht, desto besser kann das gesamte Ensemble zum gewünschten Ziel gelangen. Wenig Zeitverschwendung heisst viel Geldersparnis und motiviert alle Beteiligten für kommende Projekte gleichermaßen. Win-win für alle Beteiligten und so macht doch gemeinsames arbeiten auch wieder Spaß.